„Computer… Computer?… Hello, Computer?…“
(Scotty in Star Trek IV im Dialog mit einem Sprachdialogsystem)
Als die Zuschauer der ersten Star-Trek-Folgen gebannt vor dem klobigen 60er-Jahre-Fernseher saßen, waren Gespräche mit einem Computer noch reinste Science-Fiction. Heute sind natürlichsprachliche Dialoge mit einem Computer längst möglich, die uns immer häufiger in Form von Sprachdialogsystemen (Interactive Voice Response) am Telefon begegnen. Doch was genau sind Sprachdialogsysteme eigentlich?
Der folgende Artikel informiert Sie kurz und knapp über alles Wissenswerte zu Sprachdialogsystemen:
- Abgrenzung der Begrifflichkeiten
- Meilensteine in der Geschichte der Sprachtechnologie
- Einsatzmöglichkeiten
- Vor- und Nachteile
- Technologie
- Vorgehen bei der Einführung eines Sprachdialogsystems
- Ab welchem Callvolumen braucht man ein Sprachdialogsystem?
- Warum muss ein Sprachdialogsystem heute agil sein?
Abgrenzung der Begrifflichkeiten: Sprachdialogsystem oder IVR System
Sprachdialogsysteme, Voice Portale, IVR Systeme, VoiceBots, Digitale Assistenten – in der Welt der natürlichsprachlichen Dialogsysteme werden Begrifflichkeiten durcheinandergewürfelt und nicht einheitlich verwendet. Wir versuchen, Licht ins Dunkel des Begriff-Wirrwarrs zu bringen:
Sprachdialogsysteme machen es möglich, dass Anrufer mit einem Computer beinahe wie mit einem menschlichen Gegenüber telefonieren. Natürlichsprachlichkeit steht im Fokus: Ganze Sätze und synonyme Ausdrücke versteht der automatische Gesprächspartner ebenso wie sprachliche Umschreibungen.
Anrufer: „Wie sind denn die Öffnungszeiten?“
Sprachdialogsystem: „Wir sind werktags von 08.00 bis 20.00 Uhr und samstags von 08.00 bis 12.00 Uhr persönlich für Sie erreichbar. Kann ich noch etwas für Sie tun?“
Anrufer: „Ja, ich möchte mit Herrn Müller sprechen.“
Sprachdialogsystem: „Meinen Sie Herrn Hubert Müller aus der Abteilung Marketing oder Herrn Ralf Müller aus der Abteilung IT/Netzwerke?“
Anrufer: „Den Herr Müller aus der IT“.
Sprachdialogsystem: „Einen kleinen Moment bitte. Sie werden sofort mit Herrn Ralf Müller aus der Abteilung IT/Netzwerke verbunden.“
Der englische Begriff „Voice Portal“, zuweilen auch mit „Sprachportal“ übersetzt, ist das Sprachäquivalent zu “Webportalen”. So wie ein Internet-Surfer Informationen aus einer Webseite sucht oder dort Self Service Dienste in Anspruch nimmt, kann sich ein Anrufer, der mit einem Voice Portal spricht, per Sprache Informationen holen oder Transaktionen anstoßen. Der Begriff “Sprachdialogsystem” deckt sich darin mit dem Begriff „Voice Portal“, geht allerdings noch weiter: Wie im Beispiel oben fallen darunter auch die automatische Telefonzentrale oder die Datenerfassung zur Vorqualifizierung der Anrufer. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet „Voice Portal“ allerdings auch häufig diese Einsatzmöglichkeit.
Im englischen Sprachraum wird der Begriff “IVR Systeme” (Interactive Voice Response) meist synonym zu dem deutschen Begriff „Sprachdialogsystem“ verwendet. Unter “IVR” verstehen dagegen viele im deutschen Sprachraum jedoch die weitverbreiteten touch-tone IVR-Systeme, die sich über Tasten bedienen lassen und entsprechend schwerfällig sind. Soweit Spracherkennung überhaupt eingesetzt wird, dient diese hier leider oft nur der Verarbeitung von Schlagwörtern und Ziffernketten. Hier soll deshalb der Begriff des Sprachdialogsystems dem IVR System vorgezogen werden.
Der Begriff “VoiceBot” ist in Anlehnung an „Chatbot“ entstanden. Anders als beim Chatbot erfolgt allerdings die Ein- und Ausgabe über gesprochene Sprache. Unter „VoiceBot“ verstehen die meisten Sprachdialogsysteme im allgemeinen sowie teilweise auch Sprachsteuerungen, wie sie zum Beispiel im Smart Home Bereich zu finden sind.
Bei den „Digitalen Assisten“ handelt es sich in erster Linie um beispielsweise Alexa von Amazon, Siri von Apple oder den Google Assistant – immer öfter jedoch wird der Begriff auch für Sprachdialogsysteme verwendet.
Meilensteine in der Geschichte der Sprachdialogsysteme und IVR Systeme
Es begann 1911, als ein kleiner Spielzeughund namens Rex aus seiner Hütte gesprungen kam, wenn man seinen Namen rief – das erste Beispiel für eine automatische Spracherkennung.
1939 präsentierte Bell Labs auf der Weltausstellung in New York den ersten Speech Synthesizer – zwar noch holprig, doch der erste Versuch, Sprache automatisch zu erstellen, war gemacht.
Es folgte 1952 ein kleiner Worterkenner für telefonisch übermittelte Ziffern – ebenfalls von Bell Labs entwickelt.
Den ersten Text-to-speech Synthesizer für Englisch stellte 1968 Noriko Umeda (Electro-technical Lab. in Japan) vor.
Ab den 1970ern folgten dann die ersten einfach gehaltenen touch-tone IVR-Systeme (vgl. http://kai-uwe-carstensen.de/Publikationen/Sprachtechnologie.pdf, S. 141-142).
Anfang der 1990er Jahre ging die Geschichte der Sprachdialogsysteme dann richtig los: Evar und FränKi waren die weltweit ersten natürlichsprachlichen Dialogsysteme, die am Erlanger Lehrstuhl für Mustererkennung entwickelt wurden. Evar war ein Auskunftssystem zur Deutschen Bahn und FränKi wusste stets, in welchem Kino der Region und wann der neueste James Bond lief. „Damals waren wir weltweit führend, sogar vor den Amis“, sagt Prof. Elmar Nöth, der Evar und FränKi mitentwickelt hatte. Zur Vermarktung dieser Produkte wurde die Firma „Sympalog“ gegründet, die heute als „Sympalog Voice Solutions GmbH“ zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten für unterschiedlichste Projekte entwickelt.
Zwischen 2004 und 2010 hatten Sprachdialogsysteme in Deutschland mit den VoiceDays eine eigene Veranstaltung. Unter anderem wurden dort die Voice Awards für das beste Sprachdialogsystem gekürt.
Die Enkelinnen dieser Technologie finden sich auch in Siri oder Alexa wieder. Ein großer Unterschied zu damals besteht jedoch in der Menge der Sprachdaten: Hinter Google heute stecken etwa eine Million Stunden aufgezeichneter Sprache, während im Jahr 2000 im mit fast 170 Millionen DM geförderten Projekt „Verbmobil“ gerade einmal 600 Stunden Sprache gespeichert waren – kein Wunder also, dass die Spracherkennung seitdem einen Siebenmeilenstiefel-Sprung zurücklegte.
Branchenübergreifende Einsatzmöglichkeiten eines Sprachdialogsystems
Einige der entwickelten Sprachdialogsysteme sind universell einsetzbar. Das gilt vor allem für die automatische Vorqualifizierung, die Telefonzentrale sowie die Kundenbefragung:
Die automatische Vorqualifizierung
Im Kundenservice ist ein schnelles und zielgerichtetes Routing elementar: Die präzise Vorqualifizierung, d.h. den richtigen Service unkompliziert und schnell mit einem Satz oder einem Stichwort auszuwählen, ist dementsprechend wichtig. Sowohl offene, als auch geschlossene Fragestellungen führen je nach Organisationsstruktur schnell zum Ziel:
- Beispiel einer offenen Frage: “Wie kann ich Ihnen helfen?”
- Beispiel einer geschlossenen Frage: “Haben Sie Fragen zu einer Rechnung?”
Wenn nur wenige unterschiedliche Serviceleistungen angeboten werden, sind geschlossene Fragen vollkommen ausreichend. Ein Dialog mit einer offenen Frageform hingegen ermöglicht dem Betreiber, weitaus mehr Fragestellungen und Themen zu unterscheiden: Eine feinere Einteilung der Anrufe ist so gewährleistet.
Häufig werden Vorqualifizierungen nahtlos um einen Identifikations- oder Authentifizierungsdialog, beispielsweise zur Erfassung der Kundennummer und einer PIN, erweitert.
Die automatische Telefonzentrale
Ob als direkt erreichbares System oder als Ergänzung im Überlauf — bei einer automatischen Telefonzentrale können Anrufer frei sprechen und sich mit dem gewünschten Ansprechpartner verbinden lassen. Eine Weiterleitung des Gesprächs erfolgt auf Basis von Personen- oder Abteilungsnamen sowie aufgrund eines Anliegens.
Erweiterungen, wie zum Beispiel um eine Auskunft der Öffnungszeiten, eine Mailbox-Funktionalität oder eine Vorqualifizierung der Anrufer, sind häufig vorzufinden.
Die automatische Kundenzufriedenheitsbefragung
Sprachdialogsysteme bieten sich dazu an, Kunden nach ihrer Zufriedenheit zu befragen: „Wurden Sie freundlich bedient?“ oder „Wie schätzen Sie die fachliche Kompetenz unseres Servicemitarbeiters ein?“ Bei einem Sprachdialogsystem geben Anrufer häufiger ein ehrlicheres Feedback als bei einem menschlichen Gegenüber.
Qualifizierte Anbieter machen eine einfache Bedienung per Internet möglich, so dass sich der Betreiber den Fragenkatalog seiner Kundenbefragung auch ohne Programmierkenntnisse selbst zusammenstellen kann. Bewertungen des Anrufers sind dabei durch Ja/Nein-Fragen oder nach dem Schulnotensystem möglich. Möchten Kunden Kommentare abgeben, können diese aufgezeichnet und im Nachhinein abgehört oder mittels einer Speech-to-Text-Umwandlung als Text angezeigt werden. Die Kundenangaben sollten in einer grafischen Darstellung per Internet abrufbar sein, die einen schnellen Überblick über die Beurteilung der Anrufer verschafft.
Doch wie erreicht die automatische Kundenbefragung den Anrufer? Entweder fragen Servicemitarbeiter den Anrufer am Ende eines Gesprächs, ob dieser bereit ist, an einer automatischen Kundenzufriedenheitsbefragung teilzunehmen – oder alle Gespräche werden im Anschluss an die automatische Kundenzufriedenheitsbefragung weitergeleitet. Als kostenlose Alternative für den Kunden kann die IVR auch einen Rückruf einleiten. Die Rufnummer wird dafür entweder während des Gesprächs ermittelt oder aus einer Kundendatenbank gelesen.
Auf Branchen maßgeschneiderte Sprachdialogsysteme
Häufig sind Sprachdialogsysteme auf bestimmte Branchen zugeschnitten. Vor allem für die folgenden Branchen sind maßgeschneiderte Lösungen erhältlich, die den individuellen Gegebenheiten des Betreibers leicht angepasst werden können:
- Financial Services
- Energieversorgung
- Tourismus & Verkehr
- Entertainment
- Telekommunikation
- Versandhandel
Neben den bereits erwähnten universellen Einsatzmöglichkeiten sind für die genannten Branchen vor allem folgende maßgeschneiderte Lösungen erhältlich:
Sprachdialogsystem für Financial Services
- Legitimation: über die Eingabe von PIN und TAN oder über Sprecherverifikation
- Kontostands- und Umsatzauskunft: erteilt Auskünfte über Kontostände und getätigte Umsätze
- Überweisungen und Daueraufträge: Annahme von Überweisungen und Verwaltung von Daueraufträgen
- PIN-Verwaltung: Erstlegitimation, Änderung und Sperrung von PINs
- Filialinformationen: Auskunft zu Adressen, Öffnungszeiten sowie SB-Ausstattung
- Brokerage: Depotinformationen, Kauf und Verkauf von Wertpapieren
- Sonstiges: Formularbestellungen, Termin- oder Rückrufwunsch
Anrufer: Wie ist gerade mein Kontostand?
Sprachdialogsystem: Ihr Kontostand beträgt X Euro.
Anrufer: Hmm… dann möchte ich 300 Euro überweisen. Und zwar auf die IBAN XXX. Das ist, glaube ich, bei der XY-Bank.
Sprachdialogsystem: Sie möchten 300 Euro auf das Konto mit der IBAN Nr. XXX bei der XY-Bank in XY überweisen?
Anrufer: Genau.
Sprachdialogsystem: Ihre Überweisung wurde angewiesen. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?
Sprachdialogsystem für Energieversorgung
- Legitimation: Ermittlung des Anrufers über die Erfassung der Vertragskundennummer
- Zählerstandserfassung: automatische Erfassung von Zählerständen über das Telefon mit Realtime-Anbindung an das Backend
- Ansagemanagement: Bei Anrufpeaks durch Störfälle erteilt das System aktuelle Störungsmeldungen über eine komfortable Ansage
- Rückrufannahme: Einstellung von Rückrufwünschen
Sprachdialogsystem für Tourismus & Verkehr
- Reservierungen und Buchungen: automatische Reservierung und Buchung
- Allgemeine Informationen: Auskünfte zu verschiedenen Themen (beispielsweise Tarifen)
- Änderungen: Über das System lassen sich Reservierungen oder Rechnungsanschriften ändern
- Statusverfolgung: Auskunft zum aktuellen Stand von Lieferungen oder Bestellungen
- Bestellung: Anforderung und Versand von Dokumenten wie Rechnungskopien oder Katalogen
Sprachdialogsystem für Entertainment
- Programmauskunft: verschiedene Informationen, beispielsweise zu Veranstaltungen oder Events
- Reservierung: telefonische Auswahl und Reservierung von Karten
Anrufer: Ich wohne in Erlangen und ich möchte heute Abend den Film „Jojo Rabbit“ anschauen. Wann kommt der denn?
Sprachdialogsystem: Der Film „Jojo Rabbit“ läuft um 20.20 Uhr in dem Kino CineStar in Erlangen. Möchten Sie Tickets reservieren?
Anrufer: Nö, das ist mir zu spät. Gibt‘s den nicht auch früher?
Sprachdialogsystem: Der Film „Jojo Rabbit“ läuft auch schon um 16.30 Uhr in dem Kino CineStar in Erlangen. Möchten Sie Tickets reservieren?
Anrufer: Ja, mach mal.
Sprachdialogsystem für Telekommunikation
- Allgemeine Informationen: Auskünfte zu verschiedenen Themen, wie beispielsweise Tarife
- Statusanfragen: Auskünfte zum Liefer- und Bearbeitungsstatus
- Gewinnspiele/Aktionen: telefonische Befragungen und Datenerfassung
- Bestellung: Anforderung und Versand von Dokumenten, wie Rechnungskopien
- Ansagemanagement: Bei Anrufpeaks durch Störfälle erteilt das System aktuelle Störungsmeldungen über eine komfortable Ansage
Sprachdialogsystem im Versandhandel
- als Bestellservice von Versandhäusern oder Teleshopping
- Statusanfragen: Auskünfte zum Liefer- und Bearbeitungsstatus
Anrufer: Ich möchte den Artikel mit der Nummer 12345GG bestellen.
Sprachdialogsystem: In welcher Farbe? In grün, blau oder gelb?
Anrufer: Blau… und mit 28 cm Durchmesser.
Sprachdialogsystem: Ich habe für Sie den Blumenübertopf, 28 cm in blau, eingetragen. Möchten Sie noch etwas bestellen?
Anrufer: Ja und zwar…
Sprachdialogsysteme: Das Für und Wider
Ausschlaggebend für den Einsatz eines Sprachdialogsystems ist meist die Kostenersparnis durch den optimierten Personaleinsatz. Die Motivation der Servicemitarbeiter steigt, da sie spürbar entlastet werden: Während das Sprachdialogsystem die Beantwortung von Standardanfragen oder die Ausführung von häufig wiederkehrenden Transaktionen übernimmt, können sie sich auf komplexere Anfragen und Problemlösungen konzentrieren.
Auch die Anrufer profitieren vom Einsatz einer IVR: Das Call Center ist rund um die Uhr erreichbar und ärgerliche Wartezeiten am Telefon entfallen.
Durch den entstehenden Kostendruck fällt oft die Entscheidung auf herkömmliche touch-tone IVR-Systeme statt zeitgemäßer Sprachdialogsysteme: Allerdings werden durch Siri, Alexa oder den Google Assistant Gespräche mit einem Computer immer alltäglicher, so dass der Call Center Bereich mitziehen muss – überholte, schwerfällige touch-tone IVRs sorgen für ein schlechtes Image.
Vor allem in Bereichen, in denen ein persönlicher Kundenkontakt eine große Rolle spielt oder in denen vorrangig ältere Menschen zur Zielgruppe gehören, sind Sprachdialogsysteme mit Vorsicht zu genießen: An der falschen Stelle eingesetzt, können sie Kunden verärgern.
So funktioniert’s: Die Technologie
Zunächst muss das Sprachdialogsystem den Anrufer verstehen: In den letzten Jahren wurden große Datenmengen gesammelt, die die Spracherkennung enorm verbessert haben. Nach unserer Schätzung wird etwa 90% des Gesprochenen richtig erkannt – eine enorm hohe Rate.
Sprache zu erkennen bedeutet allerdings nur, dass die Sprache – wie in einem Diktat – erfasst und als Text niedergeschrieben wird. Der Sinn hinter den Aussagen wird dabei noch nicht verstanden. Mittels NLP (Natural Language Processing) und NLU (Natural Language Understanding) geht das System der Bedeutung hinter den Worthülsen auf den Grund: NLP (Natural Language Processing) steht – kurz gesagt – für die Suche nach Schlüsselwörtern in einer Frage, zu der dann die dazu passende, gespeicherte Antwort ausgegeben wird. „Preis“ oder „kostet“ sind beispielsweise Schlüsselwörter dafür, die das Sprachdialogsystem Preise „ausspucken“ lässt. Sobald die Fragen komplizierter werden, ist NLU unerlässlich: Nicht nur Schlüsselwörter, sondern die ganze Frage nimmt das System unter die Lupe: Was ist das Subjekt und was das Objekt? Worauf beziehen sich die Pronomen? Um welchen Vorgang geht es? So können auch komplizierte Anfragen wie „Ich will die Ware umtauschen – ich habe sie aber schon ausgepackt“ beantwortet werden.
Um auf die verstandenen Fragen zu antworten, erhält das Sprachdialogsystem „Handlungsanweisungen“: Sorgfältig müssen dazu alle Fragen, die Anrufer häufig stellen, kategorisiert werden. Wie das Sprachdialogsystem auf die häufigen Fragen antworten soll, wird in einem Dialogbaum festgehalten, der je nach Reaktion des Anrufers den weiteren Gesprächsverlauf bestimmt.
Die „Sprachsynthese“ wandelt den Antworttext des Sprachdialogsystems, der im Dialogbaum festgehalten ist, wieder zu Gesprochenem um. Damit die Ausgabe des Textes ansprechend klingt, nehmen professionelle Sprecher die Antworten oder Antwort-Teile im Vorhinein auf.
Herkömmliche IVR-Systeme führen den Anrufer und leiten ihn mittels Frage/Antwort-Bäumen durch das festgelegte Gesprächsschema durch. Moderne Sprachdialogsysteme jedoch können auf den Menschen, der den Gesprächsablauf bestimmt, reagieren.
Nicht der Anrufer passt sich an das Sprachdialogsystem an, sondern das System passt sich dem Anrufer an.
Anrufer müssen deshalb Sprachdialogsysteme unterbrechen können, so dass sie Gespräche, die in die falsche Richtung gehen, umlenken können. Außerdem wird von modernen Sprachdialogsystemen mittlerweile erwartet, dass sie Anrufern Hilfestellung geben, falls ihre Anfragen zu unpräzise sind. Und nicht zuletzt muss das System mit Rückfragen des Anrufers, die sich auf vorangegangene Teile des Dialogs beziehen, umgehen oder eingeschobene Zusatzinformationen sowie korrigierte Versprecher verarbeiten können.
Das Projekt “Einführung eines Sprachdialogsystems”
Wie geht man dabei vor?
Möchte ein Unternehmen vom Einsatz eines Sprachdialogsystems profitieren, muss es sich zunächst einen genauen Überblick über alle eingehenden Anrufe verschaffen. Eine Art Etikett, das jedem Anruf über mehrere Wochen anheftet, ist dazu ein gutes Mittel.
Im Kern der Analyse sollten folgende drei Fragen stehen:
- In welcher Situation befindet sich der Anrufer, wenn er zum Telefon greift?
- Wie kann ein Sprachdialogsystem dem Unternehmen am besten helfen?
- Was ist die häufigste Art mit dem Unternehmen zu kommunizieren?
Bei der anschließenden Auswertung lassen sich zwei Arten von Anrufen unterscheiden:
- diejenigen, die von einem Sprachdialogsystem bearbeitet werden können
- diejenigen, die von einem Menschen bearbeitet werden müssen
Abhängig von der Branche kann die Anzahl der Anrufe, die ein Sprachdialogsystem bearbeiten kann, variieren – nach unserer Erfahrung sind jedoch meist knapp die Hälfte der Anrufe automatisierbar.
Die Anrufe, die von einem Menschen bearbeitet werden müssen, können wiederum unterteilt werden in:
- diejenigen, die „vorqualifiziert“ werden können
- diejenigen, die sofort zu einem Menschen weitergeleitet werden sollten
Vorqualifizierung bedeutet, dass das Sprachdialogsystem feststellt, welchem Bereich der Anruf zugeordnet werden kann, um dann an den zuständigen Mitarbeiter durchzustellen. Zuvor kann das Sprachdialogsystem bereits die Kundennummer oder ähnlich relevante Informationen abfragen, so dass diese dem Agenten bei Anrufannahme bereits vorliegen. Nach unserer Erfahrung können knapp die Hälfte der Anrufe, die von einem Menschen bearbeitet werden müssen, vorqualifiziert werden.
Im Contact Center Network e.V. haben wir unlängst unter dem Titel “IVR 4.0 – Individuell und Intuitiv!” die Einführung eines Sprachdialogsystems vorgestellt.
Ab welchem Callvolumen braucht man ein Sprachdialogsystem / IVR System?
Die Kosten eines Sprachdialogsystems lassen sich in drei Kategorien unterteilen
- Lizenzkosten für Spracherkennung, Dialogsystem und Sprachsynthese
- Projektkosten zur Erstellung des Sprachdialogsystems
- Betrieb, Wartung und Anpassung während der Laufzeit
Lizenzkosten werden typischerweise in „Kanälen“ berechnet: So wird beispielsweise anhand der Erlang-C-Formel bestimmt, wie viele Telefonkanäle gleichzeitig bedient werden müssen. Die Anforderungen an die Spracherkennung sowie die Notwendigkeit, synthetische Sprache zu verwenden, sind ebenfalls Einflussfaktoren.
Bei den Projektkosten spielen die Komplexität des Dialogs sowie die notwendigen Anpassungen und Optimierungen des Spracherkenners maßgeblich eine Rolle. Hinzu kommt die Schnittstellenprogrammierung, soweit nicht auf Standardschnittstellen wie REST-Services oder SQL zurückgegriffen werden kann.
Für Betrieb und Wartung fallen in der Regel zwischen 15 und 20 Prozent der Lizenzkosten an. Ansonsten sind die Betriebskosten eher gering, da Sprachdialogsysteme in der Regel auf Standardhardware aufbauen und nur bei Störungen reagiert werden muss.
Ein Sprachdialogsystem braucht nicht Tausende von täglichen Anrufen, um sich zu rechnen. Eine kleine Beispielrechnung soll das verdeutlichen: Wenn täglich 250 Anrufe eingehen und bei jedem Anruf 1€ an Kosten eingespart werden kann, ergeben sich bei 200 Arbeitstagen schon eine Summe von 50.000€/Jahr. Ein Sprachdialogsystem für 250 Anrufe/Tag kostet normalerweise weniger, d.h. die Wirtschaftlichkeitsrechnung für ein Sprachdialogsystem fällt in der Regel immer positiv aus.
Warum muss ein Sprachdialogsystem heute agil sein?
Mit dem Wandel von statischer, touch-tone gesteuerter IVR zu Systemen mit natürlichsprachlicher Bedienung gewinnt die Betreuung/Anpassung von existierenden Systemen stark an Bedeutung. Zum Teil laufen einfache IVR-Systeme jahrelang unverändert, während sich die Kundenerwartungen permanent ändern.
Moderne Systeme hingegen müssen „mit der Zeit“ gehen und sich immer wieder aktuellen Situationen anpassen. Und mit dem Einzug agiler Methoden auch im Contact Center steigen die Anforderungen an Sprachdialogsysteme. Sie müssen Werkzeuge für automatische Tests über alle Bereiche eines Sprachsystems (Spracherkennung, Verstehenskomponente, Dialogmanagement) anbieten, um bei häufigen Änderungen eine hohe Qualität zu gewährleisten.
In agilen Unternehmen wandelt sich die Position eines Sprachdialogsystems. Von einem „vorgelagerten“ System wird es integraler Bestandteil der Kundenkontakte und selbstverständlich in die Optimierung der „Customer Journey“ miteinbezogen. Möchten Sie mehr über agile Sprachdialogsysteme erfahren? Dann laden Sie sich schnell und einfach unser Whitepaper hinunter.