Die KI als neue Kollegin

Vom Stellenprofil bis zur Einarbeitung und regelmäßigen Schulung

Ein neuer Kollege betritt das Büro – und Sie wissen nur eins: Er wurde für eine Position im Controlling eingestellt. Schnell machen sich Unsicherheiten im Team breit – vor allem, als das Gerücht aufkommt, der „Neue“ könnte dazu da sein, Prozesse zu optimieren, das Unternehmen umzukrempeln und noch ganz andere Aufgaben zu übernehmen.

Eine ähnliche Unsicherheit erleben viele, wenn es um die Einführung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen geht. Die KI, so fürchten manche, könnte nicht nur ihre Arbeit erleichtern, sondern sie vielleicht irgendwann ersetzen. Wie bei neuen Kollegen hängt der Erfolg einer KI im Unternehmen von der Art und Weise ab, wie durchdacht sie eingeführt wird und wie gut das Team sie akzeptiert.

In diesem Artikel zeigen wir die Parallelen und Unterschiede zwischen der Integration eines neuen Mitarbeiters und der Einführung einer KI auf – und was Unternehmen daraus lernen können.

Die Stellenbeschreibung:

Klare Zielsetzung und sorgfältige Auswahl

Wie bei der Personalauswahl beginnt auch die Einführung einer KI mit einer klaren Stellenbeschreibung: Welche Aufgaben soll die KI übernehmen und was ist das Ziel? Diese eher organisatorischen Fragen sind mindestens ebenso wichtig wie die technischen Herausforderungen, werden aber mitunter zu wenig bedacht.

Und wer ist überhaupt für die KI zuständig? Zwar fällt sie zum Teil in den Bereich der IT, doch eine entscheidende Rolle spielen diejenigen, die einen umfassenden Überblick über die Unternehmensprozesse und Arbeitsabläufe haben – und mitten im Thema drinstecken. Zum Vergleich: Was würde passieren, wenn die IT-Abteilung neue Contact Center Mitarbeiter einstellt? Häufig wären die ausgewählten Kandidaten sicher wenig geeignet. Eine gute Vorbereitung stellt also sicher, dass die KI tatsächlich die Probleme löst, für die sie eingesetzt wird.

Ohne eine genaue Definition der zu erfüllenden Aufgaben besteht außerdem die Gefahr, dass die KI entweder über- oder unterfordert wird. Zwar ist eine KI geduldig und arbeitet – anders als viele menschlichen Mitarbeiter – auch bei Unterforderung mit stets der gleichen Gründlichkeit und Motivation. Doch eine überdimensionierte Technologie, deren Fähigkeiten weit über das hinausgeht, was die Position erfordert, verursacht unnötig hohe Kosten und benötigt eine enorme Menge an Rechenleistung, ohne das Potenzial zu nutzen.

Das wäre in etwa so, als würde ein Unternehmen, das einen Servicetechniker benötigt, einen erstklassigen Ingenieur einstellen – nur weil die Stellenbeschreibung schlecht durchdacht und das Ziel nicht klar definiert war. Ein Fehler, der einem Unternehmen teuer zu stehen kommen würde.

Und was die technischen Spezifikationen angeht, ist nicht nur die Sprach- oder Dialogkompetenz entscheidend, sondern auch, wie die KI in die bestehenden Systeme und Arbeitsabläufe integriert wird.

Möchte ein Unternehmen zum Beispiel eine KI für die Bearbeitung von Kundendaten einsetzen, muss diese nicht nur in der Lage sein, die Daten korrekt zu verarbeiten, sondern auch nahtlos mit den bestehenden CRM-Systemen interagieren können. Geeignete Schnittstellen sind dazu nötig sowie eine sorgfältige und umfassende Organisation der Daten – denn die KI ist immer nur so gut, wie die Daten, auf die sie zugreift.

Onboarding und Integration:

Die KI ins Team holen

Ist die optimale KI-Lösung ausgewählt, folgt die nächste große Herausforderung: die Integration in das Unternehmen und die Akzeptanz der Mitarbeiter:innen. Denn wie beim Onboarding eines neuen Mitarbeiters geht es darum, den künstlichen Neuling in das Team einzubinden. Nur so wenden sich die Kollegen an ihn, arbeiten effektiv mit ihm zusammen – und fordern und fördern ihn.

Die Belegschaft sollte deshalb weitreichende Informationen über die KI erhalten und deren Rolle in den Arbeitsprozessen verstehen. Nur wenn klar ist, welche Aufgaben die KI übernimmt und wie sie die Arbeit der Mitarbeiter:innen unterstützt, kann das neue System reibungslos funktionieren.

Doch Vorsicht: Eine KI kann in der Lage sein, Mitarbeiter zu überwachen – kein Wunder also, dass Unternehmen häufig Ängste und Widerstände gegenüber der neuen Technologie beobachten. Eventuell muss daher der Betriebsrat informiert und eingebunden werden, um genau festzulegen, zu welchen Zwecken ein Unternehmen die KI verwendet – und zu welchen nicht.

Im schlimmsten Fall verläuft die Einführung einer KI-Lösung so: Die Belegschaft steht der neuen Technologie skeptisch gegenüber und fühlt sich durch die unerwartete Einführung der modernen KI überrumpelt. Schon bald macht die KI die ersten Fehler. Und anstatt sie als hilfreichen Assistenten anzunehmen, machen sich einige Kollegen über die Missgeschicke der KI lustig und konzentrieren sich auf deren Schwachstellen. Statt die Möglichkeiten der KI wahrzunehmen, bleibt ihr Potenzial damit weitgehend ungenutzt. Würde es sich um eine Kollegin handeln, hieße es böswillig: Sie dreht Däumchen und schaut zum Fenster heraus. Und das Ende der Geschichte: Die Einführung der KI wird als Misserfolg abgestempelt.

Was solch ein Empfang für einen neuen menschlichen Mitarbeiter bedeuten würde, müssen wir uns nicht ausmalen. Negative Einstellungen und mangelnde Offenheit lassen sowohl fähige Menschen als auch wertvolle Werkzeuge scheitern.

Um diese Schwierigkeiten im Voraus zu vermeiden, muss die KI bei ihrer Einführung mit den relevanten Daten und dem spezifischen Wissen des Unternehmens „gefüttert“ werden. Ohne diese Informationen kann die KI nicht effektiv arbeiten, denn sie benötigt dazu ein eingehendes Verständnis für die unternehmensspezifischen Abläufe und Prozesse. Auch ein neuer Kollege muss sich erst einmal zurechtfinden und feststellen, wie das Unternehmen funktioniert und organisiert ist.

Dass neue Mitarbeiter:innen Zeit und Unterstützung bei der Einarbeitung benötigen, ist selbstverständlich. Aber dass eine KI genauso tickt, ist weniger offensichtlich. Auch eine KI braucht eine Phase der Eingewöhnung, in der Anpassungen und Feinabstimmungen vorgenommen werden. In dieser Zeit sollte die KI regelmäßigen Überprüfungen und Änderungen unterliegen. Diese „Feinjustierung“ ist entscheidend, um die KI langfristig erfolgreich im Unternehmen zu etablieren.

Kontinuierliche Optimierung und Qualitätssicherung:

Die Weiterbildung der KI

Die Einführung einer KI ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßige Pflege und Anpassung erfordert. Bei einem menschlichen Mitarbeiter ist das nicht anders: Auch Teamkollegen brauchen regelmäßig Schulungen und Feedback, um ihre Fähigkeiten zu verbessern und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Genauso benötigt auch eine KI eine kontinuierliche Weiterentwicklung, um dauerhaft effektiv zu bleiben.

Dies betrifft nicht nur technische Updates, sondern auch die ständige Anpassung an neue Geschäftsanforderungen und Marktbedingungen. Eine sorgfältige Dokumentation aller Änderungen und Anpassungen stellt sicher, dass das erworbene Wissen nicht verloren geht und zukünftige Optimierungen effizient durchgeführt werden.

Ein zentraler Bestandteil dieses Prozesses: die regelmäßige Leistungsüberprüfung der KI. Durch kontinuierliche Evaluierungen werden Schwachstellen frühzeitig erkannt und behoben, bevor sie zu größeren Problemen führen.

Ohne regelmäßige Aktualisierungen würde die einst so moderne KI im Laufe der Zeit veralten oder ineffizient werden. Und ist ein System tatsächlich überholt, muss neue Technologie her. Anders als bei Mitarbeiter:innen geht das ohne Trennungsschmerz und hohe Abfindungen – ein Pluspunkt für die KI.

Außerdem sind Feedback-Mechanismen äußerst wertvoll, so dass das Team Probleme oder Verbesserungsvorschläge schnell kommunizieren kann. Und werden diese Anregungen und Ideen regelmäßig umgesetzt, wird die KI nicht nur zu einem kurzfristigen Werkzeug, sondern zu einem langfristigen, wertvollen Bestandteil des Unternehmens.

Fazit

Die Einführung einer KI im Unternehmen erfordert dieselbe Sorgfalt und Planung wie das Onboarding eines neuen Mitarbeiters. Nur durch eine klare Zielsetzung, eine sorgfältige Integration und eine kontinuierliche Weiterentwicklung kann sichergestellt werden, dass die KI nicht nur technisch erfolgreich ist, sondern auch von den Mitarbeitern akzeptiert und effektiv genutzt wird.

Übrigens: Die eingangs erwähnte Geschichte mit dem neuen Controller ging weniger gut aus. Von seinen Kolleg:innen gemobbt, kündigte er schnell wieder. Zwar wird Ihnen eine KI nie den Dienst quittieren, doch kommt ungenutztes Potenzial einer Kündigung gleich.

Die Lehren aus dem Personalmanagement bieten daher wertvolle Einsichten und Strategien, um KI-Projekte langfristig zum Erfolg zu führen.


Dieser Artikel ist im eBook “Erfolgreicher Kundendialog 2024” erschienen – ein umfassender Ratgeber mit aktuellen Insights und praktischen Tipps von über 20 Branchenexperten. Profitieren Sie vom umfassenden Know-how, das in diesem eBook zusammengetragen ist, und sichern Sie sich wertvolle Impulse, um Ihren Kundenservice auf das nächste Level zu heben: